Castrop-Rauxel. Am 6. Februar hat die Fachstelle Eine Welt des Kirchenkreises Herne im Gemeindehaus der Paulus-Kirchengemeinde Castrop ihren traditionellen Jahresauftakt gefeiert. Gäste aus Kirche, Politik und Gesellschaft waren gekommen, um Näheres aus den einzelnen Arbeitsbereichen zu erfahren oder einfach beim Büffet miteinander ins Gespräch zu kommen. Zentrales Thema war dieses Mal die Bildung. Das hatte nicht zuletzt damit zu tun, dass die Fachstelle Eine Welt seit diesem Jahr offiziell eine Regionalstelle der Evangelischen Familien- und Erwachsenenbildung Westfalen-Lippe ist. „Wir verstehen unsere Einrichtung als einen Ort, an dem wir Menschen beraten und begleiten – und als einen Ort, an dem wir voneinander und miteinander lernen“, sagte Geschäftsführer Steffen Wilmink bei seiner Begrüßung.
Superintendentin Claudia Reifenberger betonte in ihrer Ansprache, dass gerade in diesen Zeiten, da wieder ein schleichender Prozess der moralischen Zersetzung zu erkennen sei,die Arbeit der Fachstelle unverzichtbar sei. Sie erinnerte an die im ersten Artikel des Grundgesetzes festgeschriebene Unantastbarkeit der Menschenwürde. „An den säkularen Begriff der Menschenwürde können wir anknüpfen durch die Überlieferung von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen“, sagte sie. „Es ist darum ein bewusstes und deutliches Zeichen unserer Synode gewesen vor gut einem Jahr, die Fachstelle Eine Welt gut auszustatten; der Kirchenkreis soll daran zu erkennen sein.“ In den Beratungen würden Verfolgte und Flüchtlinge als Einzelschicksale mit Namen und Geschichten wahr- und ernstgenommen. „Wir sehen in ihnen Gottes Ebenbilder!“
Im Anschluss an den Impuls der Superintendentin interviewte Steffen Wilmink die Mitarbeitenden der Fachstelle, um sie nach ihren Arbeitsschwerpunkten zu befragen. Los ging es mit Irina Nardone, „die Ordnung in jedes Chaos bringt, Terminplanung oder Finanzierungsfragen im Blick hat“, so Wilmink. Katja Jähnel aus der Flüchtlingsberatung beklagte die derzeitige politischen Debatte rund um das Thema Migration, die gerade den Menschen, die hier Schutz suchen, große Angst mache. Für ihre krankheitsbedingt abwesende Kollegin Martina Wisnewski berichtete sie aus der Ausreise- und Perspektivberatung, wie aufwändig der bürokratische Prozess sei, wenn Menschen in ihre Heimat zurückkehren wollen. „Das Versprechen, massenhaft Migranten abzuschieben, ist nicht gar nicht umsetzbar“, sagte sie.
Renate Hildburg, die Migrantinnen berät, die Opfer von Menschenhandel oder Zwangsheirat geworden sind, brauche in ihrem Arbeitsbereich vor allem Kreativität. „Jeder Fall liegt hier anders“, sagte sie. Anschließend berichtete Markus Heißler, der für die entwicklungspolitische Bildungsarbeit im mittleren Ruhrgebiet verantwortlich ist, von der Kampagnenarbeit im gesamten Ruhrgebiet. Dazu gehören die jährliche Faire Woche, die Begleitung von Kommunen, die als Fair Trade Stadt zertifiziert sind, Faire Kitas, die Planung von Nachhaltigkeitsprojekten auf der Internationalen Gartenausstellung Metropole Ruhr 2027 und viele weitere Aktionen. Petra Stach-Wittekind, die zuständig ist für die Familien- und Erwachsenenbildung, arbeitet sich derzeit in diesen neuen Arbeitsbereich ein. „Es gibt schon ein Programm, dessen Gestaltung sich in den kommenden Jahren in verschiedene Richtungen entwickeln wird“, sagte sie.
Nach einem weiteren Musikstück, vorgetragen von Stephan Wittekind (Klavier, Schlagzeug, Gesang), Max Tutschke (Klavier, Schlagzeug) und Caspar Beule (Bass), die für die musikalische Gestaltung des Abends sorgten, folgte ein Impuls von Antje Rösener, der Geschäftsführerin der Evangelischen Familien- und Erwachsenenbildung Westfalen-Lippe. Nicht zuletzt mit ihren Bildungsangeboten trete Kirche für eine Gesellschaft ein, „in der nicht nur das Recht des Stärkeren gilt oder das Recht der Milliardäre“, betonte sie. „Diese Fachstelle Eine Welt des Kirchenkreises Herne ist ja ein Beweis dafür, dass wir Ressourcen dafür ausgeben, dass diese Welt nicht auseinanderbricht – in einige wenige, die es schaffen und einem großen Rest, der abgehängt wird.“ Bildungsarbeit sei konkrete Lebenshilfe, frohe Botschaft und damit Evangelium im wahrsten Sinne des Wortes.
Im Anschluss an die Wortbeiträge nutzen die Gäste die Gelegenheit, bei Snacks und Kaltgetränken ins Gespräch zu kommen. Zu ihnen gehörten unter anderem Karin Rohr, die Witwe von Pfarrer Harald Rohr, der die Einrichtung unter dem Namen „Informationszentrum Dritte Welt“ vor 49 Jahren gegründet hatte, Altsuperintendent Reiner Rimkus, Ehemalige wie der Ex-Flüchtlingsreferent Karl-Heinz Hoffmann oder mit Nina Bauer eine zukünftige Mitarbeiterin, die am 1. April die Nachfolge von Renate Hildburg antritt, die dann in den Ruhestand geht. AR